Praxisbeispiele
Identitätsgutachten zur Entlastung eines Betroffenen
In
der gutachterlichen Praxis zeigt es sich immer wieder, dass sich der
Tatverdacht zu Unrecht gegen eine Person richtet. So konnte bereits
in vielen Fällen die Unschuld und mithin eine beweiskräftige
Entlastung mit Hilfe eines anthropologischen Vergleichsgutachtens
festgestellt werden.
Fall 1: In diesem Zusammenhang
ist ein Fall der Identitätsprüfung zu nennen, bei dem eine Person
fälschlicherweise - wie sich nach Gutachtenerstattung herausstellte
- von den Ermittlungsbehörden als Fahrer eines gestohlenen PKWs
aufgrund eines Radarfotos und der scheinbaren großen Ähnlichkeit zum
Tatverdächtigen identifiziert und festgenommen wurde. Da auch eine
Haftprüfung keine Änderung des Tatverdachts ergab, wurde die Person
in U-Haft gebracht. Der Initiative des betreffenden Rechtsanwaltes
ist es zu verdanken, dass ein anthropologisches Vergleichsgutachten
in privater Beauftragung angefertigt wurde und der Tatverdächtige
unmittelbar nach Gutachtenerstattung mit dem Ergebnis, dass der
Tatverdächtige als Fahrer klar ausgeschlossen werden konnte, wieder
entlassen wurde. Ohne die Privatbeauftragung des Anthropologen
seitens des Verteidigers hätte der Tatverdächtige von August bis
Dezember zu Unrecht in U-Haft gesessen.
Fall 2: In anderen Fällen - und
diese treten leider häufiger auf - konnte durch ein zweites
Gutachten (Obergutachten) ein bereits falsch erstelltes
Vergleichsgutachten die Identitätsfrage in OWi-Verfahren (Ordnungswidrigkeitenverfahren)
geklärt und richtig gestellt werden. So wurde beispielsweise am
Amtsgericht Ludwigshafen ein schriftliches Identitätsgutachten von
Gutachter Prof. R. mit dem Ergebnis erstellt, dass der Betroffene
der Fahrer sei und der Zeuge, der die Fahrereigenschaft bereits
zugegeben hatte, klar als Beifahrer identifiziert werden konnte. Die
Überprüfung dieses Ergebnisses durch mich hat jedoch ergeben, dass
die Identität der Person umgekehrt vorlag. D.h. der Betroffene
konnte klar als Beifahrer, der Zeuge als Fahrer identifiziert
werden.
Fall 3: Die gleiche Situation und
Konstellation ergab sich in einem OWi-Verfahren am Amtsgericht
Neustrelitz, wo bereits zuvor ein schriftliches Vergleichsgutachten
von Gutachter Prof. R. vorlag. Das von mir erstattete Zweitgutachten
(Obergutachten) führte zu dem Ergebnis der Nicht-Täterschaft des
Beschuldigten und somit zum Freispruch.
Fall
4:
Ein in gleicher Weise widersprüchliches Gutachten des Herr Prof. R.
konnte am AG Memmingen durch mein Obergutachten aufgeklärt werden,
bei dem Prof. R. erneut einen Betroffenen als Fahrer und einen
konkreten Zeugen als Beifahrer identifizierte. Wie sich nach
eingehender anthropologischen Untersuchung herausstellte, war das
Gegenteil der Fall. Auch in diesem Verfahren konnte der tatsächliche
Fahrer ermittelt und somit ein Fehlurteil vermieden werden; es
erfolgte ein Freispruch.
Fall 5: In einem weiteren
Strafverfahren, bei dem ein Tatverdächtiger aufgrund eines
Vergleichsgutachtens von Prof. H. verurteilt wurde, konnte mit einem
Zweitgutachten durch mich die Unschuld des Beschuldigten
nachgewiesen werden. Das Landgericht Stralsund hat aufgrund der
klaren und nachvollziehbaren Unterscheidungsmerkmale zwischen dem
Täter und dem Beschuldigten das Gutachten von Prof. H. als falsch
deklariert und folgte in vollem Umfang dem Obergutachten. Der
Beschuldigte wurde frei gesprochen.
Fall
6:
Ein recht interessanter Fall wurde von mir am AG Ludwigshafen
geprüft, bei dem bereits der Gutachter Herr K. nach
Inaugenscheinnahme des Betroffenen in einem Hauptverhandlungstermin
zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei dem Betroffenen mit Sicherheit
um den Fahrer handelt und die Ehefrau des Betroffenen, die in der
Verhandlung die Fahrereigenschaft zugegeben hat, als Fahrerperson
ausgeschlossen werden kann. Da in dem Urteil seitens des AG
Ludwigshafen keine genaue Merkmalsbeschreibung erfolgte, wurde der
Rechtsbeschwerde des Verteidigers stattgegeben und der Fall an das
AG Ludwigshafen zurückverweisen. Nachdem der Vorsitzende bei mir ein
Zweitgutachten in Auftrag gegeben hat, wurde der Betroffene von mir
in einem neuen Hauptverhandlungstermin in Augenschein genommen.
Aufgrund erheblicher Merkmalsabweichungen (13
Unterscheidungskriterien von 20 Gesamtmerkmalen) konnte der
Betroffene als Fahrer klar ausgeschlossen werden; es erfolgte ein
Freispruch aufgrund nachgewiesener Nichtidentität.